"Normalerweise schreibt man über eine Sängerin, die ihr erstes eigenes
Album vorlegt, sie sei vielversprechend. Aber Fjoralba Turku hat ja hier ihre
Versprechen schon eingelöst. Diese junge Albanerin ist vielleicht die Entdeckung
unter den Jazzsängerinnen des Jahres 2010.
Sieht man diese zierliche Mittzwanzigerin, die sogar noch jünger aussieht
als sie ist, vermutet man zunächst ein ebenso graziles, wenn nicht sogar
fragiles Stimmchen. Ertönt dann ihre Stimme beschert sie uns Aha-Erlebnis,
auf das man nicht im Geringsten vorbereitet ist. Ja, dieser Stimme eignet durchaus
die duftige, feenhafte Feinheit, die wir eben erwarteten. Schon als wir nur den
Namen Fjoralba Turku kannten. Es könnte der botanische Name eines nahöstlichen
Blümchens sein, das bei Morgenaufgang schlankwüchsig emporblüht.
Aber ihr Organ ist alles andere als ein Stimmchen: Wonnig, weich, warm und unerwartet
tief singt sie. Ihre Kunst ist die des gezähmten Feuers, das angenehm wärmt,
aber nicht verbrennt. Es ist das Feuer ebenso sinnlicher wie mütterlicher
Wärme („Joshua“ ist ihr Sohn), aber kein Fieber oder Flammenmeer.
Energie und Reife stecken im Gesang dieser mädchenhaften Erscheinung, eine
Intensität, die freilich nichts mit Volumen zu tun hat. Indes hat man durchaus
den Eindruck, diese Wohltönerin könne viel mehr „aufdrehen“,
wenn sie nur wollte. Sie zeigt nicht all ihr Temperament, das so wie ein unerschöpfliches,
im Hintergrund wirkendes Kraftreservoir wirkt. Sie zügelt und konzentriert
es, setzt es gezielt zur dramaturgisch geschickt aufgebauten Interpretation ein.
Dabei geht sie ökonomisch vor, vertraut darauf, dass weniger manchmal mehr
ist.
Was für ein Debut! Einer Vokalistin, die freilich, das sei nicht verschwiegen,
mit der Band „Tabla & Strings“ immerhin schon an der Seite des
unvergessenen Charlie Mariano Aufnahmen gemacht hatte. Dabei wäre dieses
Ausnahmetalent beinahe an die Theaterwissenschaften verloren gegangen. Sie stammt
aus einer musikalischen Familie: Vater und Bruder sind Geiger, sie selbst war
es. was ihren Gesangsstil geprägt haben soll. „Ich denke auch beim
Singen immer daran, wie ich es auf dem Instrument intonieren würde, ich
singe sozusagen wie eine Geige.“ Auf ihrem Album singt sie neben zwei gelungenen
Originals, unter anderem Charles Mingus geniales „Eclipse“, dem ihr
Quartett einen ganz neuen Rhythmus unterlegt. Zwei Stücke haben mit dessem
zeitweiligen Pianisten Mal Waldron zu tun: sein lyrisches Kleinod „Seagulls
Of Kristiansund“ zu ihrem Text und „Ode To Mal“, komponiert
vom brasilianischen Bassisten Paulo Cardoso, der viel mit Mal Waldron zusammenarbeitete
und auch Turkus Lebensgefährte ist und hier mit ihr im Duo zu hören
ist. Auf den anderen Stücken machen das sensible und gewandte Spiel von
Andrea Hermenau (b), Benjamin Schäfer (b) und Johannes Jahn (d) die Gruppe
wirklich zu einem Quartett, nicht nur zu einer Sängerin mit Begleittrio.
Den Jazzstandards (unter die auch „Estate“ gezählt werden kann,
eine Sommerelegie aus der Feder Bruno Martinos, das im Jazz erfolgreicher wurde
als alle anderen Lieder Italiens) stehen drei eher lebhafte, rhythmisch vertrackte
Lieder aus Turkus albanischer Heimat kontrastierend gegenüber. Sie bilden
einen Ausgleich zu den zum Teil eher melancholischen Songs, zu denen auch Nick
Drakes „Riverman“ gehört. Seltsam genug findet sich dieser Song
auch auf „Lume, Lume“, dem aktuellen, auf Meta erschienen, übrigens
ebenfalls vorbehaltlos zu empfehlenden Album ihrer albanischen Kollegin Elina
Duni. Warum wohl gerade albanische Jazzsängerinnen diesen im Jazz bislang
kaum beheimateten Song ins Repertoire aufgenommen haben? Leichter zu beantworten
ist die Frage, warum albanische Sängerinnen so polyglott sind. Kaum eine
Sprache ist so lautreich wie die albanische. Für Vokale und Konsonanten
der Fremdsprachen finden sich meist Entsprechungen im Albanischen. Ein Glücksfall
ist es, wenn man dann auch noch ein so feines Gehör und eine so tadellose
Diktion hat wie Fjoralba Turku. Ihre albanischen Lieder braucht man übrigens
nicht zu verstehen. Sie könnte Zeitungsanzeigen und Kassenzettel rauf und
runter singen und uns allein schon damit bewegen und beglücken."
hifistatement.net,
Marcus A. Woelfle, 11.11.2010
Jazz-Entdeckung - Fjoralba Turku -
Wer Fjoralba Turku kennenlernen will, muss ihr zuhören. Die junge Sängerin
und Komponistin hat eine besondere Gabe: Singend erzählt sie Geschichten,
die, wie sie sagt, mehr über sie verraten, als sie im Gespräch vielleicht
zeigen würde.
...
New video "Living, just living" from the new album "Serene"!
Fjoralba Turku: voc, Paulo Cardoso: b, Florian Trübsbach: sax
Music written by Paulo Cardoso, lyrics by Fjoralba Turku and Paulo Cardoso
Music Video: Teresa Kuhn
"..." Beim Singen an die Geige denken"
Fjoralba Turku kam mit neun Jahren von Albanien nach München. Vor ihrem
Studium der Theaterwissenschaft und des Gesangs hatte sie Geigespielen gelernt;
seitdem denke sie "beim Singen immer daran, wie ich das Stück auf dem
Instrument intonieren würde". Diese "jazzige" Auffassung
prägt Turkus Gesang. Auf ihrer zweiten CD "Serene" präsentiert
sie neben albanischer Folklore und Eigenkompositionen die Vertonung von zwei
Gedichten von Lord Byron. In Turkus Begleit-Quartett feuert der ausgezeichnete
Florian Trübsbach auf dem Saxofon, der Klarinette und der Flöte die
Band an - zuweilen unisono mit der scattenden 25-jährigen Sängerin.
Herausragend auch der Bassist Paulo Cardoso." spiegelonline, Hans Hielscher, 24.12.2011
Sneak preview: "Indian Summmer" from the upcoming new album "Serene"!
Fjoralba Turku: voc, Paulo Cardoso: b, Florian Trübsbach: sax, Jonas
Burgwinkel: dr,
Music written by Paulo Cardoso, lyrics by Fjoralba Turku and Paulo Cardoso
Music Video: Teresa Kuhn
"Schon das Cover macht neugierig: Was steckt hinter diesem so anmutigen wie interessanten
Gesicht? Auf jeden Fall eine markante Stimme, die schon nach kurzer Zeit ein
unverwechselbares Profil offenbart. Dazu eine verschlungene Biografie, die das
gesamte künstlerische Schaffen dieser jungen Frau prägt. Fjoralba Turku
stammt aus Albanien und lebt heute in München. Ihr enormes Talent brach
sich erst über Umwege Bahn: 2007 holte sie der Gitarrist Geoff Goodman in
seine Weltmusikband Tabla & Strings. Schon damals steuerte Fjoralba eine
persönliche Note bei, die nun auf "Joshua" klar in den Mittelpunkt
rückt: die albanische Sprache. Mit weichem, violinähnlichem Timbre
intoniert sie seltsam schöne Dinge, die niemand wirklich verstehen muss,
um zu begreifen, dass sich hier jemand die Seele aus dem Leib singt. Es geht
um Liebe, Glück, Trauer, Einsamkeit, natürlich auch in Englisch, im
klassischen Pianotrio, aber immer in dieser besonderen Atmosphäre und mit
dieser rhythmischen, klangmalerischen Eigenheiten. So sanft ihre Erscheinung
wirken mag, so überbordend sind ihre Kraft, ihre emotionale Tiefe und der
eigene Ton ihrer Musik. Fjoralba Turku: ein Name, den man sich unbedingt merken
sollte." (rk) Jazzthing # 82, CD der Woche 2/2010