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Sanagi: Mish Mash: Release-Informationen
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VÖ: 15.09.2006
EAN/UPC: 705304801826
Traumton CD: 4492 hören bei 
Sanagi - Mish Mash
„Wir nennen es der Einfachheit halber Elektropop, obwohl wir
glauben, dass jedermann Musik versteht, die sich durch mehr als nur einen
Stil
ausdrueckt“.
Elektropop ist Popmusik mit elektronischen Instrumenten. Wenn man den Start
des Genres mit dem Erscheinen der Hot Butter Single „Popcorn“ 1972 ansetzt,
dann haben Sanagi im 34. Jahr nach „Popcorn“ allermindestens das
Kunststück vollbracht, die Liste möglicher Einflüsse auf sehr
amüsante und nicht einfach nur vordergründige Art und Weise ins nahezu
Unendliche zu verlängern.
Überraschend ist das nicht, denn Lene Toje, 25, Gesang, und Robin Sato,
22, Elektronik haben bis zu ihrem Abschluss im Juni 2005 drei volle Jahre am
Liverpool Institute
for Performing Arts (LIPA) ihr Handwerk perfektioniert, und gleichzeitig ideale
Produktionsbedingungen für ihr Debüt „Mish Mash“ vorgefunden.
In den Fussstapfen von Elektropop-Grössen wie Air über die Eurythmics
und Heaven 17 bis Ladytron haben sich Sanagi in Liverpool ihr eigenes PopSurround-Universum
gebaut, und das ist sehr divers und sehr verschieden von den genannten Vorläufern.
Der Kosmos der beiden basiert zunächst einmal durchgehend auf der durchaus
minimalistischen Begeisterung für alle möglichen Spielarten des Pop
und vor allem dem unbedingten Elan, diese Begeisterung auch zu performen, auszudrücken.
Anfänglich ahnt man das gar nicht, denn der Opener des Albums, „Rabbit
Hole“ ist einfach ein betörendes, klares & minimalistisch-elektronisches
Märchenlied darüber, wie man sein Zuhause oder wie Lene sagt „seine
Stimme“ findet. Doch bei „Porcupine“steigt schon das Tempo.
Man findet sich auf einer teils auf den Urgründen des House basierenden
Tanzfläche wieder und tanzt sich die Seele aus dem Leib, während Björk
als nordische Zauberfee freundlich aus der Ferne grüsst. Das bleibt dann,
man ahnt es bereits, nicht lange so. Denn das folgende „Bang Bang“ ist
eine mitreissende Nummer, die irgendwo bei Funkstörungs „Disconnected“ feat.
Enik anfängt, später auf einmal mit einem Bangles-Popchorus bezaubert,
bevor das Ganze sich gegen Ende in eine Art nordischen Shanty mit rougher Hiphop Ästhetik
zerlegt. Solch verschiedene Stile miteinander zu verschmelzen, ist Produktionsprinzip
auf „Mish Mash“; der Name sagt es eigentlich schon.
Die Ästhetik eines „Prince mit einer Frauenstimme“ (Bangles)
findet man denn weit hinten im Album noch einmal humorvoll auf „Dirty“ verarbeitet.
Weil auf eben diesen Song im Vorserienstadium schon so viele Freunde reagierten,
setzen Sanagi mit „Our Way“ gleich noch eine deutlich Timbaland-beeinflusste
Dancenummer oben drauf, verlieren sich nebenbei, wie auf „Dirty“,
völlig im Zirkuszelt elektronischer Blasinstrumente und modeln auch noch
50 Cents Ausruf an Eminem „Yo, M., your my favourite white boy!“ in „Yo,
Rob, your my favourite Japanese!“ um.
Japanisch. Sanagis Stilmix klingt in all seiner scheinbaren Unmöglichkeit
schon „japanisch“, nach mehr Pop als Pop: Überpop. So verwundert
es nicht zu erfahren, dass Robin Sato zwar in London geboren, aber in Japan aufgewachsen
ist. Der damals 16-jährige Schüler der internationalen Schule von Osaka
wurde zum „Fan von Psychedelic Trance Acts wie Hallucinogene oder den Infected
Mushrooms“. 2001 schliesslich kam der damals noch solo arbeitende elektronische
Musiker (mit Begeisterung für die ganze Armada der neuen, cluborientierten
Spielformen der elektronischen Musik, von Funkstörung über die Shitkatapult-Sachen
bis zur englischen Grime-Szene) nach Liverpool, um Musik zu studieren und dabei
die Norwegerin Lene Toje zu treffen. Sanagi wurde gegründet.
Das japanische Wort „Sanagi“ bedeutet Kokon, also „Puppe“ oder „Larvenhülle“.
Das bringt einen auf die Idee, dass Sanagi gar nicht so extrovertiert sind, wie
grosse Teile des Albums erscheinen. Texterin und Sängerin Lene Toje ist
Norwegerin, hat einige Zeit in Asien zugebracht und zählt eine Reihe norwegischer
Künstler zu ihren Einflüssen, die nicht aus dem Pop kommen. Da sind
die zum Jazz zählenden Come Shine & Radka Toneff, als auch Bel Canto (Elektronik
mit Frauenstimme). Auch hört sie Weltmusik wie Mari Boine aus Lappland,
und schliesswlich Kaizers Orchestra und Madrugada.
Lene ist das akustische Sprachrohr des Kokons, und sie ist sich der Spannung
zwischen Leichtigkeit und Tiefe bewusst: „Wenn du einen sehr ernsthaften
Song machst, und danach einen lustigen: Wie kommst du wieder zurück zur
Ernsthaftigkeit? Ich bin gerne beides.“
Einige der Tracks in der Mitte des Albums zeigen das deutlich, das zauberhaft
traumsequente „Lunatic“ als Hommage ans Spinnertum zum Beispiel.
Gefolgt von „Manic Mind“, einem sehr Radio-kompatiblen Popsong, der
von den schlaflosen Nächten der Besessenen erzaehlt, von kleinen Vokalkollagen
unterbrochen, mit Rückwärtsklavieren verziert, und einer untergründigen
Referenz an die Acidzeit der Wende der 1980er auf die 1990er Jahre, inspiriert übrigens
auch von einem norwegischen Kinder- und Volkslied, Mikkel Rev (Mikkel, der
Fuchs).
Schliesslich dann „A childish cry for help“. Dies ist ein Song, der
die unzweifelhaft vorhandenen Reminiszenzen an Björk einmal richtig auf
den Punkt bringt. Lene Tojes Gesang schimmert an den Grenzen surrealer Engelhaftigkeit
entlang, während Robin Sato zur Wiedergeburt des langjährigen Björk-Produzenten
und LFO Masterminds Mark Bell wird – mit der ganzen Macht verzerrter,
hochkomprimierter Beats, dem Sinusbass, der TR-909 Crashbeckenkeule.
„
Mish Mash“, das 12 Titel umfassende Debüt der japanisch-norwegischen
Sanagi, ist vordergründig betrachtet als collagierte und mitreissende
Reise durch die halbe Pophistorie geraten - mit Reminiszenzen an die Grossen,
auch
an den unwiderstehlich kreativen Produktionswahnsinn von Outcast oder Brian
Wilson, im Elektronischen durchaus auch an Matthew Herberts unendlich weiterforschende
Arbeiten rund um die elektronische Popmusik erinnernd.
Doch die minimalistischen Hiphop-Beats, der Dreck, das Shouting und das Treibende
verhallen auf der grossen Wiese zwischen Songwriting und Trackwriting nicht
ohne Fragen, wenn das Album sich dem Ende zuneigt. Denn die beiden wissen,
dass es
um etwas Dramatisches geht und verarbeiten diese Erkenntnis ständig, wie
Robin formuliert: „Ich glaube, es kommt vor allem auf der Bühne heraus.
Während wir solche Songs, in drei Jahren, machten, solange hatten wir Platz.
Doch wenn wir jetzt auf der Bühne sind, dann starten wir sehr leise und
ernst und kommen erst am Ende zu Hiphop und Rapping und ... das ist eine dramatische
Struktur, und eine Menge Leute können das unterschreiben.“ Weil es
so vielschichtig ist, und dabei so einfach zu verstehen. Für fast jedermann
und abseits vieler Nischen elektronischer Musik.
Das Ganze hat während zweier, bereits gelaufener Deutschlandtourneen bereits
so schön funktioniert, das Sanagi sich dafür entschieden haben, ihre
Zelte in Berlin aufzuschlagen, wo sie für die weitere Arbeit Zusammenarbeiten
mit lokalen Künstlern planen, während „Popcorn“ unendlich
leise im Hintergrund tickert...
Sanagi hören zur Zeit unter anderem: Joanna Newsom, Lady Sovereign, Eminem
und Kaizers Orchestra.
Sanagi bei MySpace: myspace.com/sanagimusic
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