Release January 26, 2024
EAN/UPC: 705304471722
Traumton CD: 4717
Lineup
Karl Ivar Refseth: vibraphone
All compositions written by Karl Ivar Refseth except # 14 by Charles Albert Tindley
All compositions published by Traumton Musikverlag except # 14
Recorded at Traumton Studios Berlin, November 15 and 16, 2022 by Martin Ruch
Assistant engineer Noé Franklé
Mixed & mastered by Martin Ruch @ Control Room Berlin
Co-produced by Morten Qvenild
Artwork & photography by Stefanie Marcus
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Info / Info english
Karl Ivar Refseth – Unfolding
Ein Vibraphonist zwischen melodischer Schönheit und seelenvoller Intensität.
Mit seinem unverkennbaren, persönlichen Sound begeistert Karl Ivar Refseth Fans von Jazz und Neo-Klassik, Minimal- und Groove-Music – ob als Solist, Bandleader oder Sideman u. a. bei The Notwist, Gisbert zu Knyphausen, Tied & Tickled Trio. Die bislang erschienenen Alben seines Trios mit Christian Weidner (Altsaxophon) und Matthias Pichler (Kontrabass), zuletzt Devotion im Februar 2022, erhielten von Publikum und Medien höchste Anerkennung. Das Magazin Jazz’n’More befand: „Hier wird Musik geflüstert oder auf Zehenspitzen getänzelt und dies in laufend neuen Variationen.“ Die Jazzthetik lobte: „Kleinode, kompakte, nie ausufernde Stücke mit viel Raum für die Musiker.“ Auch im Ausland, etwa der polnischen Stacja Islandia, erschienen positive Rezensionen; das österreichische Concerto konstatierte: „Sparsam angelegter, dennoch nicht karger Kammer-Jazz mit vielen schönen Details.“ Und im Jazz Thing war zu lesen: „Refseth ist Poet, kein Redner, er hält Klänge zusammen, statt Tonsalven zu feuern.“
„Durch die Produktion von Devotion hatte ich kompositorisch eine Art ‚Lauf‘“, beschreibt Karl Ivar Refseth die Ausgangslage im Herbst 2021. Ursprünglich war Devotion als Doppel-Album geplant, je eine CD mit Band- und Solo-Stücken. Erst während der Produktion kristallisierte sich heraus, die Einzelwerke zurückzustellen. „Jahrelang hatte ich großen Respekt vor der Herausforderung, nur mit Vibraphon und ohne elektronische Effekte ganz alleine bestehen zu können. Nach den Studioterminen mit der Band wusste ich aber: da ist noch mehr drin.“ Das Gefühl wurde von einigen erfolgreichen Konzerten bestärkt, die Refseth ohne die Band spielte. Den letzten Impuls gab eine Förderung des Berliner Senats, die zeitliche Freiräume eröffnete. So entwickelte Refseth ab dem Frühjahr 2022 das Repertoire seines ersten Solo-Albums Unfolding.
Die Kompositionen entstanden in einer sehr konzentrierten Arbeitsphase, sagt Refseth. „Mein Ziel war, eine abwechslungsreiche, klanglich vielfältige Platte zu machen. Jede Komposition sollte ihre Eigenarten haben, unterschiedliche Eindrücke verarbeiten und vermitteln. So fing ich mit vielen Ideen an und sortierte nach und nach aus, was weniger Kraft und Ausdrucksstärke zeigte.“ Bei der Selektion verließ sich Refseth erneut auf Ratschläge seines Ko-Produzenten Morton Qvenild. Hierzulande kennt man den norwegischen Pianisten und Elektronik-Spezialisten (*1978) vor allem von Jaga Jazzist, später bildete Qvenild im Alleingang das Magical Orchestra von Susanna Wallumrød. Er ist Mitgründer des Trios In The Country und forschte als Professor der Norwegian Academy of Music an Verbindungen von akustischen Klängen, improvisierter Musik und neuen Technologien. Die Kooperation von Qvenild und Refseth verlief zwar auf Distanz, war aber intensiv. „Er stellte viele Fragen zu meinen jeweiligen Entwürfen, manchmal machte er auch konkrete Vorschläge, um die Stimmungen entsprechend zu verstärken.“ Refseth arbeitet gern über einen längeren Zeitraum an seinen Kompositionen. „Manchmal kommt erst die sechste, achte oder zehnte Version tatsächlich auf eine Platte, dieses Prinzip ist stark von der Arbeit mit The Notwist inspiriert. Ich liebe es, die Stücke ‚aufwachsen‘ zu sehen, wie ein Kind, das sich entwickelt.“
Anders als bei den Trio-Alben Praying und Devotion schrieb Refseth diesmal nicht unter dem unmittelbaren Eindruck privater Ereignisse, sondern mit etwas mehr emotionalem Abstand. Trotzdem transzendieren auch seine neuen Stücke neben positiven ebenso melancholische Gedanken. Ein Stahlwerk und We Shall Overcome sind von dem Schrecken geprägt, den Russlands Einmarsch in die Ukraine hinterlassen hat. Dazu gehören die konkreten Kämpfe um Mariupol und die in der westlichen Welt aufflackernde Angst vor einem Flächenbrand. Es war keine rein abstrakte Beschäftigung mit dem Thema, hält Refseth fest. „Bei meinen Workshops mit Schulkindern in Norwegen treffe ich in den Klassen sehr oft auf geflüchtete Kinder aus der Ukraine. So erlebe ich die Katastrophe für die Menschen von dort noch unmittelbarer.“
Das einzige ältere Werk, das den Weg auf Unfolding geschafft hat, ist Castle In The Clouds. „Ich habe es 2017 als rhythmisches Trio-Stück geschrieben, war aber nie richtig zufrieden mit dem Ergebnis. Im Studio habe ich dann ein wenig mit den Bögen experimentiert und plötzlich bekam es seine endgültige, schwebende Form.“ Betont rhythmische Strukturen finden sich andernorts auf der Platte. Etwa bei Laura And Steve, dessen fließende Patterns und leicht rasselnde Resonanzen an westafrikanische Balafon-Traditionen erinnern. Einige Titel hat Refseth ihm nahe stehenden Menschen gewidmet, etwa Sunrise seiner Tochter. Insgesamt versteht er Unfolding auch als Hommage an seine Mentoren, darunter David Friedman, sein ehemaliger Professor am Berliner Jazz-Institut und Großmeister des Jazz-Vibraphons.
Karl Ivar Refseth liebt Melodien, das ist auf dem neuen Album nicht anders als bei früheren Veröffentlichungen. Sie verleihen seinen Stücken ihren speziellen ‚vibe‘ und verweisen unterschwellig auf seine Kollaborationen im Pop-Bereich. Immerhin versorgt der 1977 in Lillehammer geborene, ebenso klassisch wie Jazz-geschulte Schlagwerker seit 2009 die Indierock-Vordenker The Notwist mit rhythmischen und klanglichen Impulsen, gibt Gisbert zu Knyphausens klugen Songs zusätzliche Tiefe, kreiert mit Acid Pauli alias Martin Gretschmann Panoramen zwischen Techno und nuancierter Hörspielmusik.
Seine subtil-eingängigen Themen und Motive bettet Refseth in filigrane Umgebungen. So changieren die Stücke zwischen kontemplativen Momenten, fluiden Patterns und klugen Harmonie-Erweiterungen. Souverän leuchtet Refseth selten gehörte Facetten des Vibraphons aus. Er bringt die Metallplatten mit Geigenbögen zum Schwingen, nutzt Schlagzeug- und andere Sticks, erzeugt trockene Stakkatos und flirrende Obertöne.
Die eindrückliche Transparenz und Intimität wird von Tonmeister Martin Ruch äußerst präzise eingefangen und in ein wunderbares Sound-Design gekleidet. „Ich konnte im Studio spielen, wie ich wollte, Martin hat die komplette Intensität und dynamische Spannweite abgebildet“, freut sich Refseth. Ruch machte auch den Vorschlag, eine Special Edition des Albums in Dolby Atmos zu mixen und zu mastern. Das Surround-Sound-Format, bekannt aus dem Kino, ermöglicht eine eindrückliche Sound-Architektur, die Klangquellen dreidimensional im Raum stehen und Hörer*innen gewissermaßen in einer Klangwolke sitzen lässt.
Insgesamt beeindruckt Karl Ivar Refseths Unfolding durch seine konsequente Fokussierung auf vergleichsweise leise Töne, die dem allgegenwärtigen Getöse entschieden entgegentreten. Refseths transparentes und variables Spiel kreiert eine hintergründige Ästhetik und besondere Atmosphäre, die nicht oft anzutreffen ist.
Karl Ivar Refseth – Unfolding (english)
A vibraphonist balancing melodic beauty and soulful intensity.
With his distinctive, personal sound, Karl Ivar Refseth delights fans of jazz and Neo-Classical, minimal and groove music – whether as soloist, bandleader or sideman with The Notwist, Gisbert zu Knyphausen, and Tied & Tickled Trio. The albums his trio with Christian Weidner (alto saxophone) and Matthias Pichler (double bass) has released so far – most recently Devotion in February 2022 – have received highest acclaim from audiences and media. Jazz’n’More magazine stated, „Here music is whispered or danced on tiptoes and continuously evolves in new variations.“ Jazzthetik praised, „Exquisit, compact, precise pieces, with plenty of space for the musicians.” Positive reviews also appeared internationally, like in Poland’s Stacja Islandia; and the Austrian Concerto asserted, „Sparsely arranged, yet not austere chamber jazz with many beautiful details.“ And Jazz Thing wrote: „Refseth is a poet, not an orator, holding sounds together rather than firing bursts of notes.”
„Through the production of Devotion, I was on kind of a roll compositionally,“ Karl Ivar Refseth describes the initial situation in the fall of 2021. Originally Devotion was planned to be a double album, one CD each with band and solo pieces. Only during the production it became apparent to postpone the solo works. „For years I had great respect for the challenge of performing just with the vibraphone alone without electronic effects. After the studio dates with the band, however, I knew: there’s potential in this.“ The feeling was reinforced by some successful concerts that Refseth played without the band. The final impulse was given by a grant from the Berlin Senate, which opened up some time leeway. And so, starting in the spring of 2022, Refseth developed the repertoire for his first solo album, Unfolding.
The compositions were written in a very concentrated work phase, Refseth says. „My aim was to make a diverse record, with a wide variety of sounds. Each composition should have its own characteristic and incorporate and convey different impressions. So I started with a lot of ideas and gradually sorted out the ones that had less power and expressiveness.“ In this selection process, Refseth once again relied on the advice of his co-producer Morton Qvenild. The Norwegian pianist and electronics specialist (b. 1978) is best known from Jaga Jazzist, and later Qvenild single-handedly formed Susanna Wallumrød’s Magical Orchestra. He is a founding member of the trio In The Country and, as a professor at the Norwegian Academy of Music, he researched combinations of acoustic sounds, improvised music and new technologies. Even though Qvenild and Refseth’s worked in a long-distance collaboration, it was very intense. „He asked a lot of questions about each of my drafts, sometimes making specific suggestions to enhance the atmospheres accordingly.“ Refseth likes to work on his compositions over a longer period of time. „Sometimes it’s the sixth, eighth or tenth version that actually makes it onto a record. This principle is strongly inspired by working with The Notwist. I love to see the pieces ‚grow up‘, like a child developing.”
Unlike the trio albums Praying and Devotion, Refseth did not write under the immediate impulse of private events this time, but rather with a little more emotional distance. Nevertheless, alongside the positive ideas his new pieces also transcend melancholic thoughts. “Ein Stahlwerk” [A Steel Plant] and “We Shall Overcome” are marked by the horror left by Russia’s invasion of the Ukraine, including specifically the fight over Mariupol and the fear of a large-scale outbreak flaring up throughout the Western world. It wasn’t a purely abstract involvement with the subject, Refseth notes. „In my workshops with school children in Norway, I encounter refugee children from the Ukraine very often in the classes. This way I experience more directly what a catastrophe it is for the Ukrainian people.“
The only older composition that made it onto Unfolding is “Castle In The Clouds”. „I wrote it in 2017 as a rhythmic trio piece, but was never really satisfied with the result. Then in the studio I experimented a bit with the arrangement and suddenly it got its final, floating form.“ Emphatically rhythmic structures can be found elsewhere on the record. In „Laura And Steve” for instance, where flowing patterns and lightly rattling resonances are reminiscent of West African balafon traditions. Refseth has dedicated some titles to people close to him, like “Sunrise” to his daughter. Overall, he also sees Unfolding as a tribute to his mentors, including David Friedman, his former professor at the Berlin Jazz Institute and grandmaster of the jazz vibraphone.
Karl Ivar Refseth loves melodies, this is no different on the new album than on previous releases. They give his pieces their special ‚vibe‘ and subliminally reference his collaborations in the pop genre. After all, the classically and jazz-trained percussionist, born in Lillehammer in 1977, has been supplying the indie rock innovators The Notwist with rhythmic and sonic impulses since 2009, giving Gisbert zu Knyphausen’s clever songs further depth, and creating panoramas between techno and finely nuanced soundtrack music with Acid Pauli alias Martin Gretschmann.
Refseth embeds his subtly catchy themes and motifs in intricate environments. His pieces oscillate between contemplative moments, fluid patterns and clever harmonic extensions. Refseth skilfully illuminates seldom-heard facets of the vibraphone. He brings the metal plates into vibration with violin bows, uses drum sticks and other mallets, creates dry staccatos and shimmering overtones.
The impressive transparency and intimacy is captured extremely precisely by the sound engineer Martin Ruch, and is rounded off with a wonderful sound design. „I could play however I wanted in the studio, Martin was able to reproduce the complete intensity and dynamic range,“ Refseth says happily. Ruch also made the suggestion to mix and master a special edition of the album in Dolby Atmos. The surround sound format, known from cinema, enables an impressive sound architecture that sets sound sources in the room three-dimensionally and lets listeners sit in a sort of cloud of sound.
Overall, Karl Ivar Refseth’s Unfolding impresses with its consistent focus on comparatively quiet tones that decisively counter the omnipresent noise. Refseth’s transparent and variable playing creates an enigmatic aesthetic and special atmosphere that is not often to be found.