Release March 14, 2008
EAN/UPC: 705304451229
Traumton CD: 4512
Lineup
Pär Lammers: piano Marcel Krömker: double bass Benni Wellenbeck: drums
Guests: Jessica Sligter *: vocals Andy Arnold **: guitar
All songs written by Pär Lammers, exept ‘Just not what I ment’:
written by Jessica Sligter and ‘Between the bars“: written by Elliott Smith
All songs published by Traumton Musikverlag, except ‘Between the bars“: published by Careers BMG Music Publishing
Recorded, mixed and mastered at Traumton Studio, Berlin
Produced by Wolfgang Loos
Info / Info english
Pär Lammers Trio – Hinten rechts, der Regen
Die Überzeugungskraft des Jazz ist immer dann am größten, wenn er zwar das ganze Spektrum seiner Stilmittel ausnutzt, am Ende aber nicht auf Anhieb wie Jazz klingt. Pär Lammers, Jahrgang 1982, ist Vollblut-Jazzer. Sein Klavier-Trio mit Bassist Marcel Krömker und Drummer Benni Wellenbeck hat alles, was eine Jazz-Band braucht. Und doch hebt es sich wohltuend vom Einerlei der immer inflationärer aus dem Boden schießenden Piano-Trios ab. Lammers erzählt uns nämlich nichts von einer hundertjährigen Geschichte, die erstmal halbwegs verdaut sein will, um an seiner Musik Lust und Neugier zu entfachen. Seine Musik mutet so frisch und unverbraucht an wie die ersten Krokusse, die im Frühjahr die Schneedecke durchstoßen, seine Finger tupfen mit der Leichtigkeit von Schmetterlingsflügeln über die Tasten. Und doch haben seine Klänge Tiefe und Kontur.
Mit dem Album „All die bunten Schafe“ hat das Pär Lammers Trio 2007 mehr als nur eine Duftmarke gesetzt. Die verspielte Nonchalance des Trios im Umgang mit dem Sujet Jazz war geradezu einmalig. Obgleich das Album rein instrumental war, funktionierten Lammers‘ Kompositionen doch wie unbeschwerte Lieder, die man – einmal gehört – nicht mehr so schnell los wurde. So hemmungslos positiv und lebensbejahend war Jazz zuvor selten. Der Pianist empfahl sich als ebenso stiller wie vergnügter Beobachter, der seine Alltagsimpressionen in funkelnde Geschichten übersetzte. Mit seinem neuen Album „Hinten Rechts, Der Regen“ schließt er nun genau an diese eigene Tradition, seine Geschichten dem selbst erlebten Alltag abzulauschen, an.
Wie schon beim letzten Album beschreibt auch der Titel der neuen CD ein Bild. Doch nach den bunten Schafen kommt jetzt nicht das Regenwetter. Vielleicht ist die CD hier und da ein wenig nachdenklicher als ihr Vorgänger, doch genau genommen vertieft das Trio, was es einmal begonnen hat. Lammers, Krömker und Wellenbeck sind noch viel enger zusammengewachsen. Sie müssen überhaupt nichts mehr beweisen und können im gemeinsamen Dialog die Grenzen zwischen Jazz, Pop und Klassik mit jedem Song völlig neu abstecken. Der Überraschungsfaktor macht Souveränität Platz, mit der das Mischungsverhältnis zwischen den musikalischen Grundlagen des Trios sich in jedem Stück zu neuen, verblüffenden Konstellationen verschiebt. „Um Genres oder Stilistiken mache ich mir überhaupt keine Gedanken“, gesteht der junge Pianist freimütig. „Mir kommt es auf den Song und die Geschichte an, die ich zu erzählen habe. Das heißt nicht, dass ich überhaupt nicht mit Genres arbeiten würde. Aber es gibt im Voraus keinerlei Absprachen darüber, sondern die Genre-Bezüge ergeben sich aus dem jeweiligen Song heraus“
Die Basis, auf der Lammers das neue Stockwerk seines Triogebäudes errichtet, ist Vertrauen. Sein Vokabular, in dem Erinnerung und Alltag zu einem brisanten Idiom verschmelzen, ist zu einer unverwechselbaren Konstante in der europäischen Jazzlandschaft geworden. Es fällt Lammers leicht, sich in die Rhythmusgruppe hineinzudenken, spielte er doch selbst einst Bass und Schlagzeug. „Wir haben gelernt, viel freier miteinander umzugehen“, resümiert er. „Ich schreibe zwar die Stücke, aber die Arrangements sind viel demokratischer geworden. Es ist kein Piano mit Begleitung, sondern wir haben einen Gesamtsound gefunden, der uns als Band ausmacht. In stundenlangen Improvisationen ist eine gemeinsame Sprache entstanden, die uns von Stilen unabhängig macht.“
Bei aller Kontinuität gegenüber dem letzten Album gibt es auf „Hinten Rechts, Der Regen“ auch maßgebliche Veränderungen. Am augenfälligsten ist die Einbeziehung zweier Gäste. Vielleicht ist die Bezeichnung Gäste im herkömmlichen Sinne nicht ganz zutreffend, denn Sängerin Jessica Sligter und Gitarrist Andy Arnold sind alte Freunde von Lammers, bei denen der Vertrauensfaktor fast ebenso ins Spiel kommt wie bei seinem Trio. Jessica Sligter schätzt er vor allem wegen ihrer Qualitäten als Songwriterin, und Andy Arnold wegen seiner Lust am Fabulieren. Sie erweitern das Trio nicht zum Quartett, sondern entlocken ihm überraschende Farben, Timbres und Reserven. Zum Beispiel entdeckte Lammers durch Arnold die Gitarre auch für sich selbst, und schrieb nicht nur für, sondern auch auf dem Sechssaiter das Stück „Somewhere Inside“. Für einen volleren und kompakteren Bandsound sorgt nicht zuletzt die Entscheidung, das Studio als Instrument zu integrieren und seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen.
Ein Kontrapunkt der CD ist die Adaption von Elliott Smiths Stück „Between The Bars“. Smith war bekanntlich ein Songwriter, der zeitlebens von Depressionen gequält wurde und dessen mysteriöser Tod nur die unausweichliche Konsequenz aus einem System von Sackgassen war, in das er sich willentlich begeben hatte. Doch Lammers schafft es mit seiner ungebremsten Lebenslust, die sich in jedem einzelnen Ton offenbart, selbst Smiths fatalem Hang zum Depressiven noch einen positiven Energiestoß zu verleihen. „Ich fühle mich stets starken Songwritern verbunden“, so Lammers. „Elliott Smith war ohne Frage einer der besten Songwriter, die es gegeben hat. Vielleicht war er ja gar nicht so depressiv, wie es ihm immer unterstellt wird. Ich höre in seinen Songs auch vieles, das ich ganz positiv finde. Aber die Auseinandersetzung mit Songwritern hat sich auch auf meine eigenen Kompositionen ausgewirkt. So gestalte ich zuweilen die Rhythmen etwas komplizierter, um der Melodie zu folgen und letztlich dem Song zu dienen. Am Ende soll der Hörer gar nicht hören, was alles in das Stück geflossen ist. Ein guter Song spricht einfach für sich.“
„ Hinten Rechts, Der Regen“ ist ein innovatives Jazzalbum, das dem Hörer jedoch keinerlei Programmatik um die Ohren haut. Die Virtuosität der Spieler steht genauso wenig im Vordergrund wie das strukturelle oder konzeptionelle Gerüst. Es ist eine Platte, die man einfach hören kann. Ohne Vorbehalt oder Voraussetzung. Lammers krallt sich nicht am Jazz fest, hat es aber auch nicht nötig, ihn zu verleugnen. Er zelebriert Jazz für Genießer des Alltags, der seine eigenen Bilder entfaltet, ohne sich erklären oder herzuleiten müssen.
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Pär Lammers Trio – Hinten rechts, der Regen (english)
Jazz is at its most beguiling when it exploits the whole range of styles at its disposal, but – at least initially – doesn’t sound like jazz at all. Pär Lammers, born 1982, is a thoroughbred Jazzman. His piano trio, with bassist Marcel Krömker and drummer Benni Wellenbeck, has everything that a jazz band needs. But happily, it sets itself apart from the legions of piano trios currently flooding the scene. Lammers doesn’t seems to require that his listeners be steeped in a century of jazz history in order to enjoy and be inspired by its music: his is as fresh and untouched as the first crocus breaking through snow in spring, his fingers floating like butterfly’s wings across the keys. And yet his sound has depth, and it has contours.
With the 2007 album “All die bunten Schafe”, the Pär Lammers Trio made an impact: the trio’s free-wheeling nonchalance as they tackled Sujet Jazz was all but unique. They may have been instrumental, but the album’s compositions came across like trouble-free songs which stayed with the listener long after the first play. Jazz had rarely been so uninhibited in its positivity and lust for life while the pianist came across as an observer quiet and contented, translating everyday impressions into sparkling stories. With his new album “Hinten Rechts, Der Regen”, he picks up this home-made tradition, telling more tales learnt from life’s everyday experience.
As was the case with the last album, the new title describes a picture. But after the colourful sheep (All die bunten Schafe …), this release’s title does not signal the onset of rain (Hinten rechts, der Regen). Perhaps a little more thoughtful here and there than its predecessor it may be, but more accurate would be to say that the trio has developed what they had already begun. Lammers, Krömker and Wellenbeck have grown together; with nothing more to prove, the dialogue between them can now mark out completely new boundaries between jazz, pop and classical with every song. The novelty factor has made way for sovereign quality, with the trio’s musical foundations mixing themselves into new, astonishing constellations with each piece. “I don’t give a thought to genres or stylistic features,” admits the young pianist frankly. “For me it depends on the song and the story I’m trying to tell. That doesn’t mean I’d never work within certain genres. But there’s never any discussion about it: the genre emerges out of the song”.
Trust is the foundation upon which Lammers has built his trio’s latest construction. His vocabulary, drawn from an edgily idiomatic blend of everyday stories and memories, has become an instantly recognisable feature of the European jazz scene. It’s not hard for Lammers to put himself in the position of his rhythm section: he himself plays bass and drums. “We’ve learnt to communicate freely”, he summarises. “I write the pieces, but the arrangements are created much more democratically. This is not piano with accompaniment; we’ve created a combined sound that makes us the band we are. The hours of improvisation has allowed a language to develop which makes us independent of any style”.
Alongside a sense of continuity from the last album, “Hinten rechts, der Regen” also features considerable changes, most noticeably the presence on the record of two guests. Although to call them ‘guests’ is perhaps not quite right: vocalist Jessica Sligter and guitarist Andy Arnold are old friends of Lammers, with whom the sense of trust is almost as significant as with the trio itself. He admires Jessica Sligter most of all for her qualities as a song-writer, and Andy Arnold for his enthusiastic musical story-telling. Rather than makes the trio a quartet, their contributions unlock surprising colours, timbres and hidden reserves. In one example, Arnold’s presence led Lammers to discover the guitar, the instrument for which – and on which – “Somewhere Inside” was written. Finally, the decision to integrate the studio itself as an instrument in order to exploit its full potential contributed to the band’s full and compact sound.
One interesting development on the new CD is the adaptation of Elliot Smith’s “Between the Bars”. Known as a song-writer plagued by depression, Smith’s mysterious death was the inevitable consequence of a system of dead-ends into which he willingly led himself. However, shining through every note, Lammers’ untrammelled enthusiasm for life manages to give even Smith’s fatalistic addiction to depression a burst of energy. “I always feel connected to strong song-writers”, says Lammers. “Elliot Smith was without question one of the best song-writers there has ever been. Maybe he was not a depressive as he is constantly portrayed. I hear a lot in his songs which I find very positive. My preoccupation with song-writers has made an impact on my own compositions; I sometimes structure the rhythm in a more complicated way so that it can better serve the song by following the melody. Ultimately, the listener shouldn’t hear everything that’s gone into the track. A good song just speaks for itself”.
“Hinten rechts, der Regen” is an innovative jazz album that doesn’t force a philosophy upon the listener. The musicians’ virtuosity is just as understated as the structural or conceptual framework: it’s a record that you can just listen to, without reservation or qualification. Lammers doesn’t hold tight to jazz, but then he doesn’t need to. He celebrates jazz for connoisseurs of everyday life: in the end, it also reveals its own pictures without having to explain or justify anything.