Release August 03, 1999
EAN/UPC: 705304462725
Traumton CD: 4429
Info / Info english
Kookoon – Inner Earth
Wie klingt die Erde?
Der Berliner Komponist und Tonmeister Wolfgang Loos (KOOKOON), Traumton Musikproduktion, Berlin und Frank Scherbaum, Professor für Geophysik an der Universität Potsdam haben sich auf ein ungewöhnliches Projekt eingelassen. Die früheren Studienkollegen in Musikwissenschaft und langjährigen persönlichen Freunde haben in ihrer CD Inner Earth Klänge eingefangen, die unserem Gehör normalerweise verborgen sind. Erdbebenerschütterungen und seismische Signale vulkanischen Ursprungs wurden mit aufwendigen Verfahren transformiert, modifiziert und schließlich wieder zusammengefügt. Entstanden ist eine Kollage faszinierender Klanggebilde in einem musikalischen Neuland jenseits von chill out music und musique concrète.
Inner Earth
Die Erde ist in ständiger Veränderung. In jeder Millisekunde seit Jahrmillionen. Es gibt keinen einzigen Moment des Stillstands. Riesige Konvektionszellen im Erdinnern verursachen eine stetige Reorganisation der Kontinentalplatten, auf denen wir leben. Erdbeben und Vulkanausbrüche sind die wohl spektakulärsten und furchterregendsten Ausdrücke dieser Dynamik. Aber es gibt auch subtilere Veränderungen, wie Gebirgsbildung oder Erosion, die wir als Menschen kaum wahrnehmen.
Die Erde erzeugt Klänge. Ständig. In jedem Moment. Nicht akustisch sondern seismisch und außerhalb unseres Hörvermögens. Seismische Wellen, hervorgerufen durch Erdbeben, Vulkanausbrüche, Wind, Meeresbrandung, Verkehr, Explosionen usw. Diese werden kontinuierlich von hunderten von seismologischen Observatorien rund um den Globus aufgezeichnet.
In der Seismologie werden diese Signale dazu genutzt, Informationen über die Struktur der Erde zu gewinnen und die Prozesse zu erforschen, die zu Erdbeben führen. Der größte Teil dessen, was wir über die Struktur des Erdinnern wissen, wurde mittels seismischer Wellen gewonnen. Für den Geophysiker ist mit seismischen Signalen aber auch eine starke visuelle Faszination verknüpft: Einzelne Wellenpakete enthüllen Unregelmäßigkeiten tief im Inneren unseres Planeten. Dispergierte Oberflächenwellen geben Auskunft über tiefenabhängige Änderungen der Ausbreitungsgeschwindigkeiten seismischer Wellen.
Wie klingt die Erde? Hat die visuelle Faszination eines Seismogramms ein akustisches Äquivalent? Klingen Oberflächenwellen anders als Raumwellen? Klingen Erdbebensignale aus Kalifornien anders als solche aus China? Klingen Mikroerdbebensignale anders als Kernphasen?
Solche Fragen haben uns über viele Jahre immer wieder beschäftigt. Fast über die gesamte Dauer unserer Freundschaft, die während einer gemeinsam besuchten Vorlesung in Musiktheorie an der Universität Tübingen in den frühen 70er Jahren begann. Wachgehalten wurde dieses Interesse zusätzlich durch die Lektüre von Joachim Ernst Behrend´s Nada Brahma, Die Welt ist Klang und durch Pierre Schaeffers musique concrète.
Aber die Erde gibt ihre Musik nicht so leicht preis. Schon gar nicht auf dem vielleicht naheliegenden Wege der multiplikativen Frequenzverschiebung von Seismogrammen in den hörbaren Bereich. Die Ergebnisse sind – milde ausgedrückt – enttäuschend. Sie sind hörbar aber
sie klingen nicht. Technisch ausgedrückt wird dies durch die mit der Frequenzverschiebung verursachte Signalverkürzung bedingt.
Es brauchte viele Nächte im Studio, um eine Lösung für dieses Problem zu finden. Wir probierten unterschiedliche Methoden der Frequenztransformation, Konvertierung und der Transponierung der Klänge. Meistens endeten diese Versuche in einer Sackgasse. Die Methode der Formantenanalyse schließlich lieferte einen der technischen Schlüssel, die zu den Klängen führten, die Sie auf dieser CD hören können. Damit hatten wir das Klangmaterial, um das Instrument Erde hörbar zu machen.
Das Ergebnis ist diese CD, auf der alles was Sie hören ausschließlich aus natürlichen seismischen Signalen komponiert wurde. Signale von Erdbeben, Meereswellenmikroseismik und Signale vulkanischem Ursprungs. Klangfragmente, die aus vielstündigem Signalmaterial, welches wir durchsucht haben, entstanden ist. Neu arrangiert und komponiert, aber ohne die Verwendung zusätzlicher Instrumente.
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Kookoon – Inner Earth (english)
A seismosonic symphony
The earth moves.It changes its shape according to many different time scales, ranging from millions of years to milliseconds. There is not a single moment of rest. Huge convection cells inside the earth cause a continuous rearrangement of the plates we are living on. Earthquakes are one of the most spectacular and frightening expressions of these dynamics, as are volcanic eruptions. But there are also more subtle movements, such as mountain uplift or erosion.
The earth generates sound. Any time. Any minute. Any second. Not acoustically but seismically and outside the audible range. Seismic waves which are continuously recorded by hundreds of seismological observatories around the globe. Signals from earthquakes, volcanic eruptions, wind, ocean surf, traffic, or explosions, etc..
In seismology, those waves are used to obtain information about the structure of the earth and the processes which cause earthquakes. Most of what we know about the interior of the earth is known from seismic waves by exploring their structure mathematically. Seismic signals often contain a visual beauty. Individual wave packages echoing discontinuities deep inside our planet or dispersed surface waves telling us about the change of wave speed with depth.
How does the earth sound? Does the visual fascination of seismograms have an acoustical equivalence? Do surface waves sound differently from body waves? Do earthquake signals from California sound differently from ones from China? Do micro-earthquakes« signals sound differently from waves, which have propagated through the inner core?
These questions have puzzled us for many years. Nearly as long as our friendship, which began with the lectures in music theory at the University of Tübingen we jointly took in the early seventies. Kept alive over the years by the thoughts expressed in Joachim Ernst Behrend’s Nada Brahma, The World Is Sound and the challenge of Pierre Schaeffer’s Musique Concretè.
But the earth doesn’t reveal its music easily. At least not in an obvious way, such as by simply shifting the frequency contents of seismograms into the audible range. The results are – mildly put – disappointing. It is audible but it doesnÕt sound like anything. In technical terms, this is caused by the fact that simply increasing the pitch shortens the signal.
We have spent many nights in the studio trying to get around this problem, using many different methods of shifting, converting, and transposing the sounds to make them audible. Mostly we explored dead end roads. The analysis of the waves and the formants finally provided one of the technical keys to the sounds you hear on this record. Now we were about to create the instruments for …
… the sound of the earth. As a result, what you are listening to on this CD is all composed completely out of natural seismic signals. Signals from earthquakes, microseism, as well as of volcanic origin. Sound fragments discovered within the many hours of signals which we have explored. Rearranged and recomposed, but without any additional instruments.
Wolfgang Loos & Frank Scherbaum
We feel especially rewarded by the encouragement of Joachim Ernst Berendt.
We acknowledge the use of seismogram material from the Seismological Central Observatory Gräfenberg in Erlangen, the PASSCAL data center of IRIS in Washington, and the GeoForschungsZentrum Potsdam. We owe personal thanks to Joachim Wassermann, Matthias Ohrnberger, and Winfried Hanka for their help with the data collection.
We would like to extend a very special thank-you to the people at Mark of the Unicorn, Cambridge, Mass. Their most excellent and innovative software contributed considerably to the sound of this project.